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Interview Greenpeace Energy - Robert Werner, Vorstand der Genossenschaft
Mittwoch, 17 Oktober 2011
Greenpeace Energy hat seine Wurzeln in der Umweltorganisation Greenpeace. Wie diese tritt sie kompromisslos für den
Umweltschutz, für die Energiewende und damit für eine Energieversorgung aus umweltfreundlichen Quellen ohne
Kohle und Atom ein und hat nun auch das Gasgeschäft für sich entdeckt. Als Energiegenossenschaft unterscheidet sie sich
dabei auch im Geschäftsmodell von der Konkurrenz. Robert Werner ist Vorstand der Genossenschaft.
Wie funktioniert eigentlich eine Energiegenossenschaft ? Sind alle Genossen am Gewinn beteiligt ?
Robert Werner
Unsere 20.000 Genossenschaftsmitglied sind Miteigentümer von Greenpeace Energy und bestimmen den Kurs des
Unternehmens mit. Im Falle eines Gewinns kommt der wirtschaftliche Erfolg der Genossenschaft allen Mitgliedern zugute,
entweder in Form einer Rückvergütung oder einer Dividende auf das eingezahlte Kapital.
Ist Greenpeace Energy nur ein deutsches Phänomen oder sind Sie international aufgestellt ?
Robert Werner
Greenpeace Energy gibt es nur in Deutschland. Wir sind 1999 im Zuge der Liberalisierung des Strommarktes auf Initiative
von Greenpeace Deutschland gegründet worden. Greenpeace Deutschland hatte Ende der 90er Jahre die Aktion
"Stromwechsel" initiiert, bei der 60.000 Verbraucher forderten: Wir wollen zu einem Anbieter mit sauberem
Strom ohne Kohle und Atom wechseln! Als sich kein Anbieter fand, der die strengen Greenpeace-Stromkriterien umsetzen
konnte, kam es am 28. Oktober 2009 zur Gründung von Greenpeace Energy.
Seit neuestem sind sie auch im Gasgeschäft tätig und bieten mit Windgas ein einzigartiges Gasprodukt an.
Wie funktioniert Windgas?
Robert Werner
Windgas entsteht durch die Umwandlung von Ökostrom - in erster Linie aus Windkraftanlagen - in Wasserstoff,
der dann ins Gasnetz eingespeist wird. Dieses Erdgas-Wasserstoff-Gemisch kann wie gewohnt zum Kochen oder Heizen
genutzt oder rückverstromt werden. Die Einspeisung von Wasserstoff ist momentan bis zu einer technischen
Obergrenze von fünf Volumenprozent möglich. Mit Windgas erschließt Greenpeace Energy gleichzeitig
das Gasnetz als Speicher für sauberen Strom, denn das Stromnetz kann Energie nicht speichern, das Gasnetz schon.
Durch die Umwandlung in Windgas verhindern wir, dass wertvoller Ökostrom ungenutzt bleibt, etwa wenn Atomstrom
die Leitungen verstopft.
Ist Windgas noch Zukunftsmusik oder funktionieren die technischen Prozesse bereits ?
Robert Werner
Die Produktion von Windgas beruht auf der Elektrolyse, einem einfachen und lange erprobten chemischen Prozess, der durch
elektrische Energie bedingt wird. Aktuell stehen wir in Vertragsverhandlungen mit Unternehmen, von denen wir im Laufe des
Jahres 2012 Wasserstoff einkaufen wollen. 2013 wollen wir eigene Erzeugungsanlagen in Betrieb nehmen und selbst erzeugten
Wasserstoff ins Netz einspeisen. Dafür prüfen wir derzeit Standorte.
Kann Windgas preislich konkurrieren ? Wie stabil ist der Preis in Zeiten allgemeiner Preiserhöhungen ?
Robert Werner
Nach der letzten Preisrunde bei Gas im Herbst diesen Jahres sind wir mit unserem Kilowattstundenpreis von 6,75 Cent durchaus
marktfähig, agieren also auf Augenhöhe mit den anderen Anbietern. Wir geben unseren Kunden eine Preisgarantie
bis zum 30. September 2012. Der Kilowattstundenpreis beinhaltet außerdem einen Förderbeitrag in Höhe von
0,4 Cent/kWh, den wir für den Bau der nötigen Wasserstofferzeugungsanlagen sowie für die kostenfreie Mikro-BHKW-
Beratung unserer proWindgas-Kunden verwenden.
Solange Sie konventionelles Erdgas anbieten, ist auch Greenpeace Energy im Wesentlichen an die Entwicklung des Ölpreises
gebunden. Wie gehen Sie damit um ?
Robert Werner
Kunden von proWindgas erhalten zunächst 100 Prozent Erdgas. Wir werden ab 2012 mit der Beimischung von Windgas
beginnen. Je höher der Anteil an beigemischtem Windgas ist, umso weniger müssen wir auf konventionelles
Erdgas zurückgreifen. Windgas ist für uns ein wichtiges energiepolitisches Signal, weil schwankender Wind- und
Sonnenstrom speicherbar werden. So lässt sich eine verlässliche Versorgung mit 100 Prozent Erneuerbaren Energien
sicher stellen.
Das Interview führte Felix Knothe
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